Soeben ist in der Zeitschrift icom ein Schwerpunktheft zum Thema “CSCW & Social Computing” erschienen, an dem auch Mitglieder unserer Forschungsgruppe beteiligt waren.

Aus dem Editorial der Ausgabe:
Wie auch in den Jahren zuvor hat die GI-Fachgruppe “CSCW & Social Computing” auf der Multikonferenz Wirtschaftsinformatik (MKWI 2014) in Paderborn eine Teilkonferenz mit demselben Namen ausgerichtet. In diesem Jahr wurde die erfreulich hohe Anzahl von 31 Beiträgen eingereicht und mit Hilfe eines 34-köpfigen Programmkomitees mehrfach und doppelt blind begutachtet. Für die vorliegende Sonderausgabe wurden sechs Beiträge ausgewählt, die vom Programmkomitee im Gesamtdurchschnitt der vorliegenden Gutachten am besten bewertet wurden. Die ausgewählten Beiträge wurden nach ihrer Überarbeitung und der Präsentation auf der Konferenz noch einmal von einem Experten für die Sonderausgabe begutachtet und von den Autoren wiederum überarbeitet.
Die Teilkonferenz und damit auch die hier vorgestellten Beiträge adressieren Herausforderungen bei der Entwicklung, Einführung und Evaluation von Informationssystemen zur Unterstützung der Zusammenarbeit in Teams, Communities und sozialen Netzwerken. Bei einem genaueren Blick fällt auf, dass das Thema Erfolgsmessung und Evaluation aktuell offensichtlich ein starkes Gewicht hat, da sich diesem gleich drei Beiträge widmen. In Zeiten von “Big Data” und “User Generated Content” scheint dies nicht besonders überraschend. Gleichzeitig geben bereits die methodischen Unterschiede dieser drei Beiträge und darüber hinaus auch die drei weiteren Beiträge einen Überblick über das sich stetig weiter entwickelnde CSCW-Forschungsgebiet.
Im ersten Beitrag, “Reflektion der wissenschaftlichen Nutzenbetrachtung von Social Software”, untersuchen Christian Meske und Stefan Stieglitz existierende Studien zur Nutzenbetrachtung von Social Software und zeigen auf, dass die Mehrwertmessung des Einsatzes von Social Software problematisch, jedoch sowohl für die Wissenschaft als auch die Praxis von hoher Bedeutung ist.
Ähnlich argumentieren auch Christian Herzog et al., die im Beitrag ” Erfolgsmessung von Enterprise Social Software: Wer? Was? Wie?” auf Basis von 26 Experten-Interviews16 Barrieren der ESS-Erfolgsmessung identifizieren, diskutieren und anschließend Potenziale zur Überwindung der Barrieren aufzeigen.
Im dritten Papier zu diesem Themenfeld, “Kennzahlen kooperativer Arbeitsbereiche” von Nils Jeners und Wolfgang Prinz werden auf Basis der Analyse der Benutzeraktivitäten in verschiedenen elektronischen Arbeitsbereichen des BSCW-Systems Kennzahlen und Metriken zur Analyse von gemeinsamen Arbeitsbereichen vorgeschlagen und diskutiert.
In Beitrag Nummer vier mit dem Titel “Collaborative elaboration of early innovation ideas” schlagen von Philipp Kipp et al.
einen Prozess vor, der es Kunden erlaubt auf web-basierten Innovationsplattformen an der Weiterentwicklung von Ideen teilzuhaben. Während die ersten drei Beiträge eher einem verhaltenswissenschaftlichen Forschungsstrang zugeschrieben werden können, verfolgen Philipp Kipp et al. durch die Implementierung des Prozesses auf einer Plattform einen gestaltungsorientierten Ansatz.
Auch die drauffolgende Studie, “Gestaltung von Mitfahrsystemen für ältere Erwachsene”, von Johanna Meurer et al. legt die Grundlage für ein solches Vorgehen. Mit einer ethnographisch-orientierten Interviewstudie wurden die Mitfahrpraktiken von Senioren untersucht und Kooperationsstrategien identifiziert, die in Gestaltungsideen für Mitfahrsysteme älterer Nutzer münden sollen.
Der letzte Beitrag von Kay Noyen und Felix Wortmann trägt den Titel “Nutzergenerierte Reisewarnungen auf Twitter: Eine Explorative Analyse” und eruiert das Potential Reisenden über Twitter Reiserisikoinformationen zugänglich zu machen.

Randbemerkung zum Titel der Sonderausgabe

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, um auf den Titel der Sonderausgabe zu sprechen zu kommen, der gleichseitig seit 2014 auch der Name der seit 1995 bestehenden Fachgruppe der Gesellschaft für Informatik ist.
Im Jahr 1984 kamen 20 Forscher und Praktiker aus unterschiedlichen Disziplinen bei einem Workshop zusammen um sich darüber auszutauschen wie Menschen zusammenarbeiten und die Rolle die Technologien im Arbeitskontext spielen können besser zu verstehen. Diese Veranstaltung gilt als Geburtsstunde der CSCW (Computer-Supported Cooperative Work) (Grudin 1994). Bereits 1986 wurde daraufhin zum ersten Mal von der Association for Computer Machinery (ACM) eine jährliche Konferenz mit demselben Namen veranstaltet, die seitdem Bestand hat.
In der Gesellschaft für Informatik ist das Thema seit 1995 in der Fachgruppe „CSCW“ verortet, welche den Fachbereichen Wirtschaftsinformatik und Mensch-Computer-Interaktion zugeordnet ist.
Ungeachtet leichter Unterschiede zwischen der nordamerikanischen und der europäischen bzw. gar deutschen CSCW war es damals und ist es heute das generelle Anliegen die „Möglichkeiten und Auswirkungen der technologischen Unterstützung von Menschen, die in Gruppen und über Arbeitsprozesse hinweg zusammenarbeiten und kommunizieren zu untersuchen“ (Bowers und Benford 1991, S. 5, übersetzt). Neben dem klassischen Begriff CSCW wurden für diese Themen aber auch andere Namen geprägt. Seit knapp einem Jahrzehnt spielt speziell der Begriff Social Computing als Übergriff für den Einsatz verschiedener Typen von Social Software eine große Rolle.
Aus diesem Grund erschien es den Veranstaltern der ACM-Konferenz „CSCW“ im Jahr 2011 nur logisch die Konferenz in „CSCW & Social Computing“ umzubenennen. Dabei ging es nicht um die Erweiterung des Themenspektrums, sondern lediglich um das Sichtbarmachen der Tatsache, dass Social Computing und CSCW eng verbunden sind. Gleichzeitig hoffte man, dass in der Praxis, wo man wenig mit dem abstrakten Begriff CSCW anfangen konnte, der Begriff Social Computing für mehr Verständnis sorgen würde. Aus denselben Gründen hat auch die Fachgruppe eine Namensänderung von „CSCW“ in „CSCW & Social Computing“ vollzogen.

Schwerpunktheft “CSCW & Social Computing” in der Zeitschrift icom