… diesen Satz haben die Herausgeber des Heftes als Überschrift zu meinem Editorial zu “Collaboration” gewählt.

Mit “Heft” ist das Heft 5-08 (Dezember 2008) der Zeitschrift DOK.magazin gemeint. Neben meinem Beitrag auf den Seiten 8-9 (siehe auch weiter unten) finden sich in dem Heft noch Beiträge zu Open-Xchange, Oracle Beehive, IBM Lotus Quickr, Collabos Workplace, Microsoft Sharepoint und einigen mehr.

Hier mein Editorial:

Der organisatorische und soziale Kontext entscheidet
Michael Koch, Dezember 2008

DOK.magazin (#5-08, Dezember 2008, S. 8-9)

Die Unterstützung der Zusammenarbeit von Menschen (Neudeutsch „Collaboration“) ist ein Thema, das die Informatik schon seit langem beschäftigt. So war beispielsweise der Vorläufer des Internet ursprünglich nur zur Fernbedienung von Rechnern gedacht, wurde dann aber schnell zur Unterstützung der Kommunikation zwischen Menschen „missbraucht“ (E-Mail als Dienst war anfangs gar nicht vorgesehen und entstand ungeplant durch Adaption des Dateitransfers). Unter Namen wie Workgroup Computing, Group Support Systems, Computer-Supported Cooperative Work (CSCW) oder Groupware wurden seit den 1970er Jahren dann etwas zielgerichteter verschiedene Werkzeuge zur Unterstützung von Zusammenarbeit konzipiert und umgesetzt. Langfristig und bei der breiten Masse durchgesetzt haben sich davon aber eigentlich nur E-Mail sowie in den letzten Jahren Gruppenkalender, Instant Messaging und Videokonferenzsysteme.

Kann man aus dieser Entwicklung vielleicht etwas lernen? Was haben die erfolgreichen Werkzeuge gemeinsam? Meiner Meinung nach ist die entscheidende Gemeinsamkeit der Lösungen, die sich durchsetzen konnten, die, dass sie als Medium einfach, intuitiv und vielseitig nutzbar sind. Sie bieten den Anwendern ausreichend Freiraum und sind in verschiedensten organisatorischen Kontexten einsetzbar.

Nachdem das Thema Collaboration für einige Zeit in der Versenkung verschwunden war, hat es in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Diskussion rund um das Web 2.0 unter den Schlagwörtern Social Software im Unternehmen und Enterprise 2.0 einen Aufschwung erlebt. Wikis, Blogs, Social Tagging und Social Networking Anwendungen bilden heute die Basis für viele nutzerzentrierte Dienste zur flexiblen Unterstützung von Zusammenarbeit und zum Wissensmanagement.

Im Gegensatz zu den langjährigen Bemühungen rund um Groupware hat man dabei die zuvor angesprochenen Erfolgsfaktoren berücksichtigt. Der Fokus liegt auf der einfachen Nutzbarkeit in unterschiedlichsten Kontexten anstelle der genauen Anpassung für bestimmte Prozesse. Natürlich spielen Prozesse und die Einbettung in die Organisation weiterhin eine wichtige Rolle. Jedoch ist man dazu übergegangen, diese Faktoren nicht mehr fest in Werkzeuge zu integrieren, sondern sie vielmehr bei der Anwendung der Werkzeuge in Form von flexiblen „sozialen Protokollen“ beizusteuern. Es wird jetzt also die Einbettung technischer Lösungen in ein soziotechnisches Gesamtkonzept berücksichtigt, zusammen mit den damit verbundenen Anforderungen an die Gestaltung der organisatorischen und sozialen Nutzungsumgebung sowie der (partizipativen) Einführung der Werkzeuge.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass auch bei der Dokumentation derartiger Werkzeuge gerade ein Umdenken einsetzt: Es werden nicht mehr hautsächlich Funktionalitäten der Werkzeuge dokumentiert, sondern Situationen in denen die Werkzeuge nutzbringend eingesetzt werden können. Den Anwender interessiert ja meist nicht, wie ein Dokument in einen Arbeitsbereich hochgeladen werden kann, sondern wie er Teamräume oder Wikis im Team zur Erleichterung seiner Arbeit einsetzen kann.

Nun sind also alle Probleme gelöst und die Zusammenarbeit in Unternehmen richtig unterstützt? Noch lange nicht! Die Diskussion rund um den Einsatz von Social Software im Unternehmen weist deutlich darauf hin, wie viel Potenzial in dem Thema wirklich steckt. Mit den genannten Groupware-Lösungen sowie mit Wikis, Blogs und Social Tagging Systemen stehen technisch ausgereifte Werkzeuge zur Verfügung. In den Unternehmen wächst jedoch erst langsam ein Bewusstsein dafür, dass man einfache Nutzbarkeit und Flexibilität mit einer Einbettung in den organisatorischen und sozialen Kontext sowie mit einer offenen Unternehmenskultur verbinden muss, um das volle Potential der Kollaborationsunterstützung zu erschließen. Daran muss weiter gearbeitet werden.

“Der organisatorische und soziale Kontext entscheidet”
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